Nicaraguas Flagge Nicaragua

Geschichte von Nicaragua vom 20. Jahrhundert bis heute

US-amerikanische Militärinterventionen (1909-1925 und 1926-1933)

Zwei Parteien bekämpften sich in Nicaragua schon im 19. Jahrhundert: die Liberale Partei und die Konservative Partei.

José Santos Zelaya von der Liberalen Partei war seit 1893 Präsident von Nicaragua. Die Regierung der USA begann nun, die Konservativen zu unterstützen. Ab 1907 kam es zu Kämpfen. 1909 töteten Zelayas Offiziere mehrere Rebellen, darunter zwei US-Söldner.

Daraufhin landete die US-Marine in Nicaragua. Zelaya musste zurücktreten und ging ins Exil. Die USA blieben bis 1925 im Land, setzten ihr nahestehende, konservative Regierungen ein und unterstützten diese gegen liberale Rebellen. Zweimal war Adolfo Díaz Präsident (1911-1917 und 1926-1929).

1926 begann der Kampf um die Präsidentschaft zwischen Liberalen und Konservativen erneut. Die USA griffen erneut ein und blieben diesmal bis 1933.

Die USA bildeten in dieser Zeit eine Nationalgarde aus. Diese sollte die Interessen der USA wahren. Die Nationalgarde stand unter der Führung der Familie Somoza. Sie war Armee und Polizei zugleich. 1929 wurden die liberalen Rebellen nach einem Friedensschluss mit den USA entwaffnet.

Rebellen unter Sandino

Gegen die Besatzer kämpften nun nur noch einige Rebellen unter der Führung von Augusto Sandino.

Als die Amerikaner das Land 1933 verließen, beendete Sandino den Kampf. Er wurde mit seinen Leuten 1934 vom neuen Präsidenten eingeladen und von der Nationalgarde hinterrücks ermordet.

Die Somozas in Nicaragua

Die Macht in Nicaragua lag in den Händen einer Familie: den Somozas. Sie kontrollierten die Nationalgarde und nutzte diese zur Aufrechterhaltung ihrer Diktatur. Im Laufe der Zeit schufen sie ein riesiges Vermögen und kontrollierten die gesamte Wirtschaft im Land.

1937 ließ sich Anastasio Somoza Garcia nach einem Putsch zum Präsidenten wählen. 1946 übernahm sein Sohn Anastasio Somoza Debayle den Oberbefehl über die Nationalgarde.

1956 wurde der Vater ermordet und der ältere Sohn Luís übernahm bis 1963 die Präsidentschaft im Land.

1967 wurde Anastasio Somoza Debayle Präsident (bis 1972) und hatte das Amt erneut zwischen 1974 und 1979 inne.

Die ganze Zeit unterstützte die USA die Somoza-Familie in Konflikten mit Nachbarländern. Firmen aus den USA beuteten die Gold- und Silberminen aus, holzten die Wälder ab und ernteten Bananen auf den Plantagen. Nachdem die Ausbeutung ein herabgewirtschaftetes Land hinterlassen hatte, zogen sich die USA zurück.

Sandinisten: Nicaraguanische Revolution 1979

Der Widerstand in der Bevölkerung gegen die Macht der Somozas wuchs. Es bildete sich eine Guerilla, die den bewaffneten Kampf begann. Sie nannte sich nach dem Rebellen Sandino Sandinistische Nationale Befreiungsfront (auf Spanisch Frente Sandinista de Liberación Nacional - FSLN).

Kurz nennt man ihre Anhänger auch Sandinisten. 1979 wurde Somoza gestürzt und floh ins Exil.
 

Die Sandinisten an der Macht in Nicaragua

Eine Revolutionsregierung in Form eines fünfköpfigen Ausschusses wurde gebildet. Daniel Ortega war ihr Kopf. Das Bildungs- und Gesundheitswesen wurde modernisiert und eine Landreform begonnen. Die Zahl der Analphabeten sank, viele Schulen wurden gegründet.

Kulturminister wurde Ernesto Cardenal: Priester, Vertreter der Befreiungstheologie und einer der bekanntesten Dichter aus Nicaragua. 1985 wurde er vom damaligen Papst Johannes Paul II. wegen seiner politischen Tätigkeit von seinem Amt als katholischer Priester enthoben.

1984 wurden erstmals Wahlen abgehalten. Sie bestätigten die Sandinisten. Daniel Ortega wurde 1985 Präsident des Landes.

Contra-Krieg in Nicaragua (1981-1990)

Gegen die Sandinisten kämpften ab 1981 Guerillatruppen, die sogenannten Contras (contra = gegen). Die Contra-Rebellen wollten eine Gegenrevolution.

Weil der US-Kongress finanzielle Hilfe für die Contras ablehnte, unterstützte die US-Regierung unter Ronald Reagan sie nun heimlich über Waffenverkäufe an den Iran. Die Gewinne daraus wurden an die Contras weitergeleitet (Iran-Contra-Affäre).

Die Verantwortlichen wurden nicht zur Rechenschaft gezogen oder aber begnadigt. Die Contras verübten Überfälle auf Farmen, legten Minen und verbrannten die Ernte. Sie zerstörten die Infrastruktur des Landes, wie Straßen und Erdöl-Leitungen. Sie folterten Zivilisten auf grausame Weise. Etwa 60.000 Menschen starben in dem Krieg, überwiegend waren es Zivilisten.

Wahlen 1990

1990 wurden freie Wahlen abgehalten. Das antisandinistische Wahlbündnis UNO (Unión Nacional Opositora), das aus 14 Parteien bestand, gewann diese überraschend. Sandinisten und Contras beendeten ihren Krieg.

Violeta Chamorro wurde neue Präsidentin und blieb bis 1997 im Amt. Die Marktwirtschaft wurde wieder eingeführt. Den einstigen Rebellen beider Seiten versprach man Land. Die Versprechen wurden nur zum Teil gehalten. Es kam zu Wiederbewaffnungen auf Seiten von enttäuschten Contras und Sandinisten.
 

An der Wende zum 21. Jahrhundert

1994 verließen vier Parteien die UNO, die sich nun APO (Alianza Política Opositora) nannte. Die vier ausgeschiedenen Parteien nannten sich Alianza Liberal.

Ihr Kandidat Arnoldo Alemán gewann die Wahlen 1996. Er war dann von 1997 bis 2002 im Amt. Seiner Regierung warf man starke Korruption vor. Er strebte eine Zusammenarbeit mit Dabniel Ortega von der FSLN an.

2002 folgte ihm Enrique Bolaños (2002-2007) von der Liberal-Konservativen Partei ins Amt. Es kommt in Nicaragua häufig zu Spaltungen und Neugründungen von Parteien.

Daniel Ortega – Präsident seit 2006

Bei den Wahlen 2006 gewannen die Sandinisten mit Daniel Ortega erneut und er wurde Präsident. Zuvor war das Wahlrecht dahingehend geändert worden, dass 35 Prozent (statt zuvor 45 Prozent) im ersten Wahlgang genügten, um Präsident zu werden. Ortega erhielt 38 Prozent. Im gleichen Jahr wurde Abtreibung ohne Ausnahme verboten und unter Strafe gestellt. 2007 richtete Hurrikan Felix schwere Schäden im Land an.

2011 wurde Ortega mit 62 Prozent der Stimmen wiedergewählt, obwohl er laut Verfassung nicht mehr zur Wahl hätte antreten dürfen. 2014 wurde auf Ortegas Veranlassung das Verbot der Wiederwahl ganz aus der Verfassung gestrichen.

2016 wurde Daniel Ortega wiedergewählt. Seine Frau, Rosario Murillo, wurde Vizepräsidentin von Nicaragua. Immer mehr übernahm sie die eigentliche Macht im Land, auch, weil ihr Mann schwer krank ist.

Proteste 2018 in Nicaragua

2018 kam es zu Protesten gegen die Regierung, nachdem Ortega angekündigt hatte, die Renten zu kürzen. Gewaltsam ging der Staat gegen die Demonstrationen vor. Auch Menschen wurden dabei getötet, die Pressefreiheit wurde eingeschränkt. Die Proteste gingen aber weiter und richteten sich nun auch gegen Korruption und Vetternwirtschaft im Umkreis des Präsidenten sowie gegen geplante Enteignungen für den Bau des Nicaragua-Kanals.

Es kam zu vielen Menschenrechtsverletzungen. Die EU und die USA verhängten darum Sanktionen gegen Mitglieder der Regierung. So sind viele Menschen einfach "verschwunden", viele wurden unrechtmäßig verhaftet. Die Polizei und paramilitärische Gruppen der Sandinisten gingen brutal und mit scharfer Munition gegen die Demonstranten vor.

2021 wurden Ortega und seine Frau als Vizepräsidentin wiedergewählt. Die Wahl wird international als gefälscht angesehen. Im Februar 2023 wurden inhaftierte Oppositionelle freigelassen und abgeschoben. Ihnen wurde die Staatsbürgerschaft entzogen.

letzte Aktualisierung am 20.09.2023